Dokumente 1951

Dokument [1951-Januar-01]

(Textauszug 2. Beilage zum Hamburger Echo vom 20. Januar 1951)
Entschleierte "Sünderin"
Willi Forsts erster Nachkriegsfilm im Esplanade
Der Schleier von der "Sünderin" ist nun gefallen. Und wie's einem geht, wenn die Neugier und die Erwartung zu sehr auf die Folter gespannt waren, man reibt sich verdutzt die Augen. Das also ist das erste Nachkriegs-Opus von Willi Forst? Ein Film, an dem ersichtlich hart gearbeitet wurde. Ein guter Film, ohne Zweifel, aber ...
Aber doch eine sehr sentimentale Geschichte, die Geschichte von dem Mädchen Marina, die, von ihrem Stiefbruder verführt, als ein hübscher Schmetterling durch die Nachtlokale gaukelt, bis sie den Maler Alexander von der Straße aufklaubt, und die von Stund' an ein tugendhaftes Mädchen ist, das des Künstlers durch einen Hirntumor nur kurz bemessene Lebenszeit hold verschönt und mit dem Erblindeten freiwillig in die ewige Nacht geht. 
Ein Schicksal unserer Tage? Gewiß. Das Magdalenenthema der Bibel wird sobald nicht unmodern. Aber wie kann man es, ohne einen Reißer zu drehen, aus einem hohen sittlichen und künstlerischen Verantwortungsgefühl heraus verfilmen?
Die Drehbuchautoren Forst und [Gerhard] Menzel wählen dafür die Form des Berichts. Eine Anlehnung an die fremde Kunstform des Romans.Die Stimme des Mädchens Marina berichtet leidenschaftslos von dem Schicksal des Mädchens Marina, das sich im nahezu stummen, von Theo Mackebens sehr direkter Musik untermalten Spiel, auf der Leinwand vollzieht.
Distanz: Das ist der Generalnenner, auf den Willi Forst alle künstlerischen Faktoren dieses Films zu bringen sucht. Nur keine Sentimentalität. So preßt er die Handlung durch die Kühlschlangen des Berichts, aber er unterkühlt auch durch das Übergewicht des Wortes, eines sorgfältig geformten, aber eben doch nicht dichterischen Wortes. Und Photographie und Spiel sind zwar gut, aber doch nicht dynamisch genug, um einen Ausgleich dagegen zu schaffen. Die madonnenhaft-schöne Sünderin ist Hildegard Knef. Ein schmales Antlitz, in dem ein paar melancholische Augen stehen, die prüfend die Versuchungen der Großstadt betrachten. Eine überzeugende Leistung, aber die Verwandlung in die warmherzige, heitere Geliebte gelingt nicht recht. Neben dieser monologischen Rolle ist außer Gustav Fröhlichs sauberem Spiel als Alexander nur noch für Episodenrollen Raum.
Distanz: Sie hat diesem Film des Österreichers Forst norddeutsche Kühle gegeben. (Schließlich reifte die Arbeit auch in der Bendestorfer Waldluft!) Die Selbstkontrolle aber hat gut getan, ihre "Zensurbrillen" wieder abzuwischen. Was sind schon fünf Sekunden "Abessinien". Selbst mit Hildegard Knef.

 

Dokument [1951-Februar-01]

(Ausschnitt aus Curt Oertels Vortrag "Stoff und Form" am 15. Februar 1951)
Mit freundlicher Genehmigung des Landesmedienzentrums Hamburg

Dokument [1951-März-01]

Artikelauszug aus " Sonntagsblatt" vom 18. März 1951 (Herausgeber Bischof Hannes Lilje)
Falscher Appell an den Volkswillen. "Sünderin" gegen "Unsterbliche Geliebte"
Was sich in den letzten Tagen in Deutschland abspielte, bedeutet die Rückkehr "zum gesunden Volksempfinden" des totalen Staates. In verschiedenen Städten fanden große Demonstrationen statt gegen den Film DIE SÜNDERIN. Sie riefen Gegendemonstrationen für die Aufführung dieses Filmes hervor. Beide Reaktionen galten als "spontane Reaktion des gesunden Volksempfindens". Hinter beiden standen Verbände, die ihre Mitglieder auf die Straße schickten. 
In anderen Städten fanden andere Demonstrationen statt. Hier wurde gegen die Aufführung des Veit-Harlan-Filmes UNSTERBLICHE GELIEBTE demonstriert, um die Aufführung dieses Filmes zu verhindern. Auch sie galten als "spontan", auch hinter ihnen standen geschlossene Verbände, von denen sie geplant und inszeniert waren.
Dazu ist zu sagen: DIE SÜNDERIN ist von den Kirchen abgelehnt worden. Die evangelische Kirche denkt aber nicht daran, die Freiheit der Aufführung dieses Filmes durch totalitäre Methoden in Frage zu stellen. Die Selbstkontrolle des Films hat die Aufführung gegen das Veto der Kirchen genehmigt, also ist die Aufführung des Filmes von oberster Stelle gewährleistet. Das gleiche trifft für den Harlan-Film zu. Der Staat hat den früheren Regisseur ohne Berufsbeschränkung entnazifiziert. Damit ist ihm die Freiheit des Schaffenden zugesichert worden, und sie kann nicht durch die Straße aufgehoben werden, ohne die Autorität des Staates zu gefährden. 
Wenn die Methoden gang und gäbe werden und wenn sie wegen zweier an sich unbedeutender Spielfilme gleichsam zu einer Kraftprobe zwischen "rechts und links" aufgeplustert werden, dann sollten sich die Verbände, die dies inszenieren, einmal an die "spontanen" Methoden des Dritten Reiches erinnern und zweitens daran denken, daß der Anlaß zu diesen Demonstrationen in keinem Verhältnis zu dem Aufwand steht, für den der Volkswille eingesetzt und aufgerufen wird.
Wer mit den Kirchen der Ansicht ist, daß DIE SÜNDERIN ein unmoralischer Film ist, wird ihn nicht besuchen. Wer mit den anderen Verbänden der Ansicht ist, daß es unmoralisch ist, wenn Veit Harlan heute Film dreht, wird ihnen fernbleiben. Es ist aber eine Nichtachtung der Staatsautorität wie eine Nichtachtung des Volkswillens, wenn beide gegen zwei, an ihnen gemessen, unbedeutende Filmstreifen eingesetzt werden.
Hier soll der einzelne in Freiheit und Verantwortung selber entscheiden und spontan das tun, was er für richtig hält, das heißt: diese Film besuchen oder ihnen fernbleiben.

Dokument [1951-März-02]

Filmkritik aus "Hamburger Echo" vom 3. März 1951 (M.H.)
Ein begehrter Artikel "Pikanterie"
Pikanterie - das sagt schon das Wort - ist ein französischer Markenartikel, für den verwöhnten Geschmack, oft kopiert, nie erreicht. Auch nicht von dem Regisseur Alfred Braun. Zu seinem Film ist man versucht zu sagen: Mit einem anderen Stoff als diesen Fall von musischer und moralischer Tiefstapelei eines angeblich begnadeten Poeten, einem anderen Regisseur, anderen Schauspielern, einem anderen Paris, weniger Pappe und Kleister und etwas - Pikanterie hätte es noch nett werden können. Aber es langte alles nicht, trotz Irene von Meyendorff und Elisabeth Flickenschildt (wie mag sie da wohl hinein geraten sein?) und trotz des sichtbar unglücklichen Karl-Heinz Schroth. - Manche Filmleute hängen dem Aberglauben an, es müßte bei der Eröffnungsvorstellung eines neuen Theaters eine Panne geben, als gutes Omen für die Zukunft. Obwohl in der Begrüßung der Gäste durch die Inhaberin des Roxy-Theaters das ersehnte Malheur sogar "berufen" worden war, blieb es bis zum Ende hartnäckig aus. Aber es braucht ja nicht gerade ein technischer Versager zu sein. Nehmen wir den Film als Panne, und das gute Omen für den Erfolg des neuen Unternehmens ist gerettet. (Roxy)

Dokument [1951-April-01]

"Die Stunde der Frau" "Hamburger Echo" vom 25. April 1951
Auszüge aus Leserbriefen zum Thema
"Was halten Sie vom Sexualfilm?"
"(...) Zusammenfassend kann man sagen, daß der Film, abgesehen von einer gewissen Einseitigkeit, den Verdienst hat, wichtige Fragen, über die in der Öffentlichkeit noch viel Unklarheit oder Unwissenheit herrscht, erläutert zu haben." (Dr. Antonowitsch, Frauenarzt)
"Soweit der Film biologische und medizinische Tatsachen behandelt, geht er über elementares Schulwissen nicht hinaus. Ein guter Biologieunterricht ist zur Übermittlung dieses Wissens zweifellos angemessener, wird jedenfalls Einseitigkeiten und Überspitzungen besser zu vermeiden wissen, als es diesem Filmstreifen gelungen ist. An einigen Stellen werden meines Erachtens die Grenzen weit überschritten, die dem Film durch Takt und gutem Geschmack gezogen sind. (...)" (Olga Essig, Oberschulrätin a.D.)
"Die Kordel, die in dem Aufklärungsfilm EVA UND DER FRAUENARZT die Geschlechter während der Vorführung trennt, hat leider nicht nur den Unwillen, sondern auch die Spottsucht eines Berichters erregt. Ich glaube, das ist unbillig. (...) Die Kordel mag nicht die glücklichste Lösung notwendiger Scheidung sein (abwechselnde Vorstellungen für Männer und Frauen haben vielmehr die Ablehnung von Ehepaaren erfahren), aber vielleicht erinnern wir uns versöhnlich, daß sogar primitive Völker ohne Sexualprobleme die Geschlechter bei vielen Kulthandlungen trennen, ähnlich der Gepflogenheit bäurischer Gemeinden beim Kirchenbesuch." (Dr. Ascan Klée Gobert, Vorsitzender der FSK)
"(...) Aufklärung ist not. Was man sah, stimmt ernst. Aber das Drum und Dran, die Handlung, in die die Auflärungsfilme eingebaut sind, macht läppisch, was ernst ist. Die ärztliche Untersuchung an Anfang des Films in einer etwas schwülen Atmosphäre, war der Handlung gar nicht angepaßt, und Albrecht Schoenhals ist kein Arzt, dem sich eine Frau in iher Not anvertrauen möchte. Vom Arzt erwartet sie dann Sachlichkeit und nicht lächelnde Überlegenheit, und sie braucht menschliche Güte. Also filmisch wie darstellerisch keine gute Lösung! Beileibe nicht künstlerisch wertvoll." (Paula Westendorf, MdB)



Dokument [1951-Juni-01]

Protesttelegramm des WdF, Landesverband Hamburg, an den Bundeswirtschaftsminister Prof. Ludwig Ehrhardt und an den Vorsitzenden des Bundestagsausschusses für Presse, Film und Rundfunk Dr. Rudolf Vogel
"121 Filmtheater der Hansestadt Hamburg protestieren nachdrücklich gegen die vom Bund beabsichtigte Einführung des Abspielzwanges für deutsche Filme, gleichgültig ob diese gut oder schlecht sind. Sie wiederholen in aller Öffentlichkeit den bisherigen Standpunkt des Zentralverbandes der Deutschen Filmtheater, wie er dem Bund bereits mehrfach übermittelt worden ist. Diese Maßnahmen stehen in krassen Widerspruch zu dem von der Bundesregierung vertretenen Grundsatz der freien Marktwirtschaft und bedeuten schwere wirtschaftsschädigende Eingriffe in das Gefüge der Filmwirtschaft, die allein zu Lasten der Filmtheater gehen. Die Filmtheater sind sich ihrer Verantwortung gegenüber deutscher Produktion voll bewußt und haben nachweislich gutem deuschen Film bevorzugten Anteil in ihren Häusern eingeräumt. Sie wollen auch weiterhin, aber freiwillig, so verfahren. Die beabsichtigten gesetzlichen Zwangsmaßnahmen (Quota) beeinträchtigen empfindlich die freie Programmauswahl des deutschen Publikums und die individuelle Programmgestaltungsmöglichkeit der deutschen Filmtheater, die künftig weitgehend gezwungen sein werden, auch solche Filme gegen ihren Willen vorzuühren, die sie ihrem Publikum gegenüber nicht verantworten können."

Dokument [1951-Juni-02]

Filmkritik Hamburger Echo 29. Juni 1951
Irrwege der Produktion (Passage-Theater eröffnete mit dem Film IRRWEGE DES HERZENS)
Einer sitzt am Piano und komponiert. Der Mann ist eine einzige seelische Quetschfalte. Seine Frau ist ihm mit seinem Lieblingsschüler durch die Lappen gegangen. Nun schreibt er sein "Requiem". Dann überlegt er sichs und hält sich an die Lieblingsschülerin. Bis das junge Musikgenie ihm auch diese Herzensdame ausspannt. Da mag er nicht mehr und wählt den Freitod. Das Musikgenie, seelisch geläutert, vollendet flugs das Requiem-Fragment und führt es unter großen Seelenqualen auf.
Dies Werk aus der Kitschküche unserer Großmütter, das wieder einmal an unserer gegenwart schnurstraks vorbeimarschiert, schaffte Drehbuchgroßlieferant Gustav Kampendonck, Regie (Johannes Meyer) und Kamera (Oskar Schnirch) bemühten sich redlich, es so langweilig zu lassen, wie es geplant ist.
Und die Darsteller? (...) Sie alle stehen auf verlorenem Posten. Genauso wie die Herren des Passage-Theaters die in ihrer Eröffnungsvorstellung mit diesem Rondo-Film ein programmatisches Bekenntnis zum deutschen Film ablegen wollten. Franz Schafheitlin wußte den feierlichen Akt mit hübschen Worten und selbstgereimten Versen zu würzen und die anwesenden Darsteller vor den Vorhang zu komplimentieren. (St-e)

Dokument [1951-August-01] 

Werbeanzeige im Hamburger Echo 23. August 1951

 

Dokument [1951-August-02] 

Werbeanzeige im Hamburger Echo 30. August 1951


Dokument [1951-September-01]

Auszug Filmkritik Hamburger Echo 8. September 1951
Marika singt durch Agfacolor. Passage spielt SENSATION IN SAN REMO
"Das ist ein Film, der in seinen brillierenden Farben kaum Konkurrenz zu fürchten braucht. Von dieser, erstmalig mit westdeutschem Agfacolormaterial gedrehten Farbenpracht des Kameramannes Bruno Mondi verblaßt die an sich schon nicht starke und titelwidrig sensationslose Handlung noch mehr: Arme Lehramtskandidatin singt, tanzt und spielt heimlich aber doch so, daß weltberühmte Kapellmeister sich um sie reißen.
Regisseur Georg Jacobi erledigt so etwas in dem seit 1935 mit Ehefrau Marika genormten Stil, wenn auch mit unterschiedlichem Tempo. (....)
Marika selbst hat sich phantastisch schlank gehungert. Das macht sich wohltuend bemerkbar. Im Film und für den Film. Außerdem ist sie ruhiger geworden. Im Spiel, im Gesang und im Tanz. Ihre Grotesktanzeinlagen zeugen von alter Klasse. Und unter den Sängerinnen ist sie die beste Schauspielerin geblieben. Oder umgekehrt geworden.
Einen Tag nach der Uraufführung in Düsseldorf wurde die SENSATION IN SAN REMO mit 60 Kopien in Westdeutschland gestartet. Heute, Sonnabend, wird Marika Rökk in der PASSAGE sich dem Publikum persönlich zeigen."

Dokument [1951-September-02]

Werbeanzeige im Hamburger Echo 20. September 1951

 
Redaktioneller Stand: 07. November 2001